Februar 2023
dieses Mal Bastian Vollert (mit Tobias Richter und Margareth Puttlitz)
Semperdepot Lehárgasse 6, Wien
 
Das k.k. Hoftheater-Kulissendepot von Gottfried Semper und Carl Hasenauer wurde zwischen 1844 und 1877 in Wien erbaut.
Es befindet sich in der Lehárgasse und teilt sich einen Block mit Gebäuden der TU Wien und einigen Wohnhäusern.
Das Haus verfügt über einen dreieckigen Grundriss, wobei ein „abgeschnittenes“ Eck einen Eingang in den Prospekthof bildet.
Konstruiert ist das „Semperdepot“ vergleichsweise banal: Die Außenwände sind mind. 60cm stark gemauert. Im Innenraum sind schwere gußeiserne Stahlstützen zu einem strahlenförmigen Raster angeordnet um die Dreiecksform auszugleichen. Auf diesen Stützen lagern Holzbalken mit einem Belag aus Holzplanken und bilden die Decken. Das Dach ist aus eisernen Fachwerkträgern gefügt. 
In den Räumen wurden die Kulissen und Hintergrundmalereien der zwei großen Spielstätten der K.u.K.-Zeit angefertigt und gelagert: Hofoper und Burgtheater. 
Die Werkstätten sind 1952 ins Arsenal gezogen. Bis in die 1990er Jahre war das Haus ohne Nutzung und vom Abriss bedroht, ehe es in den Besitz der Akademie der bildenden Künste wanderte. Der damalige Rektor Carl Pruscha machte sich für eine Sanierung stark, die er dann mit seinem Architekturbüro betreute. Heute sind im Semperdepot die Fotografie- und Bühnenbild-Klassen der Akademie zuhause. 
 
Ich habe das Haus zusammen mit meinen BüropartnerInnen Tobias und Margareth ausgewählt. Tobias und ich haben in Wien an der Akademie studiert, mit Margareth waren wir zuvor auf einer Exkursion in der Stadt. Wenn wir an Wien denken, kommen wir immer wieder auf dieses Gebäude zurück. Die Fassade ist sehr mächtig und aus den angrenzenden schmalen Gassen kaum zu erfassen. Was sich aber bis heute stark in unserem Gedächtnis hält sind die Innenräume, im Besonderen der Prospekthof. Da der direkte Zugang oft versperrt ist, hat man schon das ganze Gebäude durchquert, bevor man diesen viergeschossigen Raum erreicht. Von den düsteren Atelierräumen kommend, öffnet sich hier der Blick auf die filigranen, hellen Galeriegänge. Hier ist jede Niete, jeder Gußabdruck, jeder Holzbalken sichtbar. An den Geländern finden sich noch die alten Seilrollen der Theaterleute und geben Hinweis auf die ursprüngliche Nutzung: Im Prospekthof wurden die Bühnenhintergründe (Prospekte) und Kulissen begutachtet, um dann per Seilzug in den unterschiedlichen Geschosse zu verschwinden. 
 
Letztendlich läuft man durch eine alte Werkstatt, über geschundene Böden, man berührt rostige Klinken und raue schmiedeeiserne Handläufe. Gleichzeitig befindet man sich aber in einem Raum, der eher an die Galerie eines altehrwürdigen Kaufhauses erinnert. Mit diesen Widersprüchen und den Erinnerungen an die ein oder andere Feier zum Semesterende bleibt dieses Gebäude ein Haus, welches man so schnell nicht mehr vergisst.
 
Bastian Vollert
(mit Tobias Richter und Margareth Puttlitz)
 
Zur Person: Bastian und seine Partner*innen gründeten 2019 ein gemeinsames Architekturbüro. Anfang 2022 bezogen sie damit ein kleines Ladenbüro in Untergiesing. Seitdem kann man dort oft auch Abends das Bildschirmlicht flackern sehen. 
Wir bedanken uns für den wunderbaren Beitrag und wünschen beim Büroaufbau viel Erfolg und Durchhaltevermögen.
Thomas Gerstmeir, 15.02.2023
 
Homepage: Vollert Puttlitz Richter Architektur
Foto: Andreas Buschmann, Zürich

2 thoughts on "Februar 2023"

  1. Ajagar Bhuta-Shlinga sagt:

    Um es in den Worten von Prof. Victor López Cotelo zu sagen:
    „Diese gut!“

  2. Stefan sagt:

    Interessant ist, dass das Gebäude lange aus Brandschutzgründen als nicht haltbar-erhaltbar galt. Es sollte abgebrochen werden. Es ist einigen Wenigen zu verdanken, dass dies nicht geschah. Das als kurze Anmerkung vom Semper-Fan.

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